Thomas, den ihr schon von seinem früheren Interview für den Basiskarten-Blog kennt, hat vor kurzem auch sein zweites Staatsexamen herausragend abgeschlossen. Ganz herzlichen Glückwunsch zu dem exzellenten Ergebnis und vielen Dank für die spannenden Einblicke, Thomas!
Hallo, Thomas! Wie ist es gelaufen?
Im Erstversuch ist das Ergebnis mit 8,63 Punkten deutlich hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben. Zwar hatte ich bereits die Staatsnote, wollte jedoch noch den Verbesserungsversuch mitnehmen und bin daher erst kurz nach den Klausuren des Verbesserungsversuchs in die Justiz eingestiegen. Auf die mündliche Prüfung konnte ich mich wegen meines Berufseinstiegs kaum noch vorbereiten und war umso überraschter, dass es da nochmal deutlich nach oben ging auf jetzt 11,55 Punkte – ich konne mich also um 2 Notenstufen verbessern.
Wie fandest du die Klausuren? Wie war dein Gefühl danach?
Die Klausuren waren nach meinem Empfinden in beiden Durchgängen machbar und fair gestellt. Warum die Ergebisse so weit auseinandergelegen haben, kann ich mir bis heute nicht wirklich erklären – das mag auch mit der jeweiligen Tagesform und den Erwartungen der Korrektoren zusammenhängen.
Mit welchen Mitteln hast du gelernt? Hast du ein Rep besucht?
Ich habe – wie schon beim 1. Examen – kein Rep besucht. Im materiellen Recht habe ich so gut wie nichts gemacht außer die Basiskarten zu wiederholen. Da ich damals schon sehr lange die Basiskarten genutzt habe, hatte ich pro Tag nur wenige Karten zu wiederholen und konnte mich vor allem auf das Prozessrecht konzentrieren, das im 2. Examen einen wesentlichen Teil ausmacht.
Für das Prozessrecht habe ich mir jeweils ein Standardlehrbuch rausgegriffen, die wesentlichen Stichpunkte mit der Hand notiert und daraus meine eigenen Anki-Notizen angefertigt. Außerdem habe ich mir am Anfang des Refs mehrere hundert Probeklausuren aus diversen Ausbildungszeitschriften heruntergeladen und nach Themen sortiert, damit ich mir nie lange Gedanken machen musste, welche Klausur ich als nächstes durcharbeite.
Wie gut vorbereitet hast du dich auf das zweite Examen gefühlt? War das bei dir anders als im ersten?
Ich habe mich gut vorbereitet gefühlt, zumal ich auch in den meisten Probeklausuren konstant zweistellig geschrieben habe.
Wie bist du mit neuen Stapeln und Wiederholungen im Referendariat umgegangen?
Ich habe mir zusätzlich die Stapel der Basiskarten zum 2. Examen geholt, einfach um diese mit meinen eigenen Karten abzugleichen und sicher zu gehen, dass ich nicht völlig auf dem Holzweg bin. Meine eigenen Karten waren deutlich umfangreicher – vielleicht etwas zu umfangreich. Da ich ohnehin nur wenige Basiskarten aus dem 1. Examen pro Tag zu wiederholen hatte, habe ich auch keine Karten pausiert, obwohl manche davon fürs 2. Examen eher irrelevant waren.
Wie sah ein typischer Tag in der Examensvorbereitung für dich aus? Wie viele Tage hast du pro Woche gearbeitet?
Wenn man die AGs, die jeweilige Stationsausbildung und meinen Nebenjob an der Uni herausrechnet, hatte ich pro Woche im Schnitt 2 reine Lerntage. Neben den Anki-Karteikarten habe ich vor allem die Probeklausuren aus Ausbildugszeitschriften durchgearbeitet (nicht ausformuliert, sondern Lösungsskizze) und mir bei jedem Fehler eine entsprechende Anki-Karte geschrieben. Jeden zweiten Samstag habe ich noch 5 Stunden eine Probeklausur aus dem Klausurenkurs unseres OLG mitgeschrieben.
Wie viele Stunden hast du pro Tag in der Regel „netto“ gelernt bzw. wie viele Pomodoro-Einheiten erledigt? Hat sich das im Laufe der Vorbereitungszeit verändert?
Pro Lerntag habe ich ca. 6-8 Stunden gelernt. Während der Stationen waren es wie gesagt circa 2 Lerntage pro Woche, im letzten Monat vor dem Examen habe ich dann volle 5 Tage/Woche fürs Examen gelernt.
Wie viele Übungsklausuren hast du geschrieben?
Ich würde schätzen zwischen 35 und 45 Klausuren waren es insgesamt.
Gibt es sonst noch Tipps, von denen du besonders profitiert hast und die du weitergeben möchtest?
Man sollte regelmäßig Übungsklausuren unter Originalbedingungen ausformulieren, um ein Gefühl für den Stil und vor allem die Zeit zu bekommen. Wenn der Stil und das Zeitmanagement sitzen, sollte man aber verstärkt nur Lösungsskizzen erstellen, weil man dadurch in derselben Zeit deutlich mehr Klausuren durcharbeiten und analysieren kann.
Wichtiger Tipp, wenn man Klausuren selbst durcharbeitet: Die Musterlösung vom Sachverhalt abtrennen und wirklich erst dann anschauen, wenn die eigene Lösungsskizze steht, sonst belügt man sich selbst.
Im Interview nach deinem erfolgreichen ersten Examen hast du ja berichtet, dass du FocusMate sehr stark genutzt hast. War das im Ref auch so?
Ja, ich habe Focusmate im Ref weiter benutzt, aber nicht mehr so häufig wie im ersten Examen. Vor dem 1. Examen konnte ich Focusmate-Sessions schon Wochen im Voraus buchen, weil ich ja sonst keine Termine hatte – das ging jetzt im Ref natürlich nicht mehr so gut.
Was war für dich das Schwierigste an der Vorbereitung auf das zweite Examen?
Die größte Herausforderung ist aus meiner Sicht, das materielle Wissen aus dem 1. Examen möglichst effektiv ins 2. Examen "rüberzuretten", denn um neben dem ganzen zusätzlichen Prozessrecht nochmal alle materiellen Rechtsgebiete zu wiederholen, fehlt schlicht die Zeit. Man kann zwar im Gegensatz zum 1. Examen Kommentare benutzen, aber zum einen ersetzt eine Kommentarfundstelle auch im 2. Examen nicht die Argumentation, zum anderen wird man in massive Zeitnot geraten, wenn man zu viel im Kommentar nachschlagen muss.
Worauf kam es aus deiner Sicht im zweiten Examen letztlich besonders an?
Wichtig ist eine gute Schwerpunktsetzung und ein praxisnahes Ergebnis. Auch deshalb würde ich empfehlen, sich möglichst viele Übungsklausuren anzuschauen, weil man dann Muster erkennt, die immer wieder vorkommen und die der Korrektor gerne hören möchte.
Welche Ratschläge würdest du jemandem geben, der noch ganz am Anfang seines Referendariats steht?
Man sollte die Zeit am Anfang nutzen, um sich mit Karteikarten so früh wie möglich ein Wissensgerüst zu schaffen, auf das man aufbauen kann. Es ist unfassbar wertvoll, sich in den ersten Wochen ein Grundverständnis zu verschaffen (z.B. im Zivilrecht die Relationsmethode), bevor man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
Was steht als nächstes an und wird Anki auch weiterhin eine Rolle in deinem Leben spielen?
Seit meinem Einstieg in die Justiz benutze ich Anki ehrlicherweise kaum noch, weil mir dafür schlicht die Zeit fehlt. Wenn ich mich aus beruflichen Gründen mal in neue Rechtsgebiete einarbeiten muss, werde ich aber definitiv auch wieder ein paar Anki-Notizen erstellen.
Thomas, vielen Dank für das Interview und alles Gute in deinem Beruf!
👉 Tipp: Hier geht's weiter zum letzten Interview mit Jan. Für allgemeines Feedback zu den Basiskarten klick hier.
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Dennis (Samstag, 20 Juli 2024 11:05)
Hallo Thomas, darf ich vorsichtig fragen, ob denn die Veröffentlichung weiterer Stapel für das 2. Examen geplant sind?
Thomas (Basiskarten Jura) (Montag, 22 Juli 2024 10:30)
Hallo Dennis,
ja, allerdings kann ich dir dafür bisher leider kein Datum nennen.
Viele Grüße
Thomas
Jan (Donnerstag, 08 August 2024 09:18)
Herzlichen Glückwunsch zu dem tollen Ergebnis, Thomas!