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Wie lief's im zweiten Examen, Lukas?

Lukas, mit dem ich bereits ein Interview für den Blog geführt habe, hat inzwischen auch sein zweites Staatsexamen mit einem tollen Ergebnis abgeschlossen. In diesem Interview reflektiert er seine Vorbereitung während des Referendariats, gibt einige hilfreiche Tipps und überlegt, was man noch hätte besser machen können. Lukas, herzlichen Glückwunsch zu dieser Leistung und euch viel Freude beim Lesen!

Credits: Sora Shimazaki

Hallo, Lukas! Wie ist es gelaufen?

 

Am Ende bin ich sehr zufrieden gewesen. Nach den Klausuren war ich zwar erst einmal ziemlich enttäuscht, da diese im Vergleich zu den Klausuren im ersten Examen und auch zu den Klausuren in den AGs nicht so gut ausgefallen waren. Jedoch lief die Mündliche ziemlich gut, sodass ich mich noch einmal ordentlich verbessern konnte und ich nun auf 9,25 Punkte gekommen bin.

 

Wie fandest du die Klausuren? Wie war dein Gefühl danach?

 

Im Vergleich zu den AG- und Übungsklausuren erschien es mir – und soweit ich gehört habe auch den anderen AG-Teilnehmern – so, als hätte das Prüfungsamt im richtigen Examen noch einmal eine Schippe draufgelegt. Sie waren vom Umfang her echt extrem, sodass alle Leute, die ich kenne (auch die wirklich guten) in große Zeitnot gekommen sind. Dementsprechend war mein Gefühl danach eher durchwachsen; nur bei einzelnen Klausuren hatte ich das Gefühl, dass sie einigermaßen okay gelaufen sind.

 

Nach einer Klausur habe ich den Fehler gemacht, die Entscheidung, auf der die Klausur augenscheinlich beruhte, nachzulesen und musste dabei feststellen, dass ich in der Klausur vollkommen falsch abgebogen war. Das kann ich nicht empfehlen, da man die bisher geschriebenen Klausuren gedanklich abhaken sollte, um sich voll und ganz auf die nächsten Klausuren fokussieren zu können.

 

Wie gut vorbereitet hast du dich auf das zweite Examen gefühlt? War das bei dir anders als im ersten?

 

Im Vergleich zum ersten Examen fühlte ich mich weniger gut vorbereitet, was auch allen anderen so ging. Das liegt wohl daran, dass einem für die Vorbereitung auf das zweite Examen weniger Zeit zur Verfügung steht, der Stoff sich aber noch einmal vergrößert. Denn neben dem im Referendariat neu hinzukommenden Stoff wird ja auch erwartet, dass man das materielle Recht weiterhin in den Grundzügen beherrscht. Im zweiten Examen stehen einem zwar Kommentare zur Verfügung, wenn man aber jede Standarddefinition und jeden Standardmeinungsstreit erst nachschlagen muss, rennt einem in der Klausur die Zeit davon.

 

Insgesamt würde ich sagen, dass ich den Stoff aus dem Referendariat in seinen Grundzügen beherrscht habe, während das materielle Recht – zumindest gemessen an den fälligen Karten meines Anki-Decks – eher lückenhaft vorhanden war.

 

[Anmerkung Thomas: Ich selbst habe im Referendariat ebenfalls nicht mehr alle Karten für das Erste wiederholt, sondern einige ausgesetzt, die mir für das zweite Staatsexamen weniger relevant schienen.]

 

Wie sah deine Examensvorbereitung auf das Assessorexamen konkret aus? Mit welchen Mitteln hast du gelernt?

 

Ich habe mich wie schon im ersten Examen größtenteils auf die Basiskarten von dir verlassen. Du hattest mir die Karten fürs zweite Examen ja bereits vor Veröffentlichung zur Verfügung gestellt, sodass ich damit gut lernen konnte. Das materielle Recht habe ich, wie schon gesagt, ebenfalls mit den Basiskarten wiederholt (soweit ich das geschafft habe).

 

Daneben dienten mir Kommentare, die jeweiligen Standardwerke (also Anders/Gehle, Russack, Knöringer etc.) sowie vereinzelt Kaiser-Skripte als Nachschlagewerke. Ein Rep im klassischen Sinne habe ich nicht belegt.

 

Auch von den allseits beliebten Kaiser-Seminaren habe ich glaube ich nur eines besucht. Ob mir das letztlich geschadet hat (Kaiser würden vermutlich sagen: Ja!), kann ich nicht beurteilen. Bei meinen AG-Kollegen konnte ich jedenfalls keine Notendifferenzierung dahingehend feststellen, wer die Seminare regelmäßig besucht hat und wer nicht. Letztlich hat es in meine Lernweise nicht reingepasst, an den Wochenenden zwei Tage lang vor dem Bildschirm zu hängen und so einem Seminar zu folgen. Das eine Mal, als ich das gemacht hatte, führte dies dazu, dass ich zu Wochenbeginn vollkommen ausgelaugt war und mit meinem eigentlichen Lernplan nicht weitergekommen bin. Letztlich ist es wohl eine Typsache, ob diese Art der Stoffvermittlung für einen hilfreich ist oder nicht.

 

Ich erinnere mich noch, dass es während der Zivil- und der Strafstation einfacher war, einen regelmäßigen Lernrhythmus zu haben, da man sich die Zeit hier besser selbst aufteilen konnte. Ab der Verwaltungsstation war man dann an mehreren Tagen pro Woche vollständig eingespannt, sodass ich froh war, wenn ich überhaupt die fälligen Karten geschafft habe.

 

Die richtige Examensvorbereitung begann für mich ab dem fünften Monat der Anwaltsstation. Ich hatte mit meiner Kanzlei vereinbart, dass ich die ersten vier Monate drei Tage pro Woche arbeite und ab dem fünften Monat auf die offiziell zwar nicht anerkannte, in der Rechtswirklichkeit jedoch allseits praktizierte Tauchstation gehe.

 

Wie viele Übungsklausuren hast du geschrieben?

 

15-20. Wir in NRW hatten leider keinen richtigen Klausurenkurs, bei dem die Klausuren von Korrektoren korrigiert wurden. Es wurde lediglich jede Woche per Mail ein Klausursachverhalt rumgeschickt, zu dem es freitagabends eine Klausurbesprechung online gab. Unter diesen Voraussetzungen fand ich es teilweise schwierig, sich zum Klausurenschreiben zu motivieren. Anders als in der Uni, wo es jede Woche einen oder mehrere feste Tage für die Probeklausur gab und man sich ggf. mit seinen Kommilitonen zum Klausurenschreiben im Hörsaal getroffen hat, gab es diese Möglichkeit im Referendariat nicht. Es bietet sich daher an, mit Kollegen eine Lerngruppe zu bilden und einen festen Tag in der Woche zum gemeinsamen Klausurenschreiben auszumachen.

 

Alternativ könnte auch noch folgende Herangehensweise sinnvoll sein: Wer es nicht schafft, sich zum Klausurenschreiben zu motivieren, kann sich stattdessen an Aktenvorträgen versuchen. Während der Vorbereitung für die Mündliche habe ich gemerkt, dass man durch das Bearbeiten vieler Aktenvorträge und Durchgehen der entsprechenden Lösungen auch ein gutes Gefühl dafür bekommt, an welchen Stellen Argumentationspotential besteht. Zudem wird man auch in kürzerer Zeit mit verschiedenen prozessualen Aufhängern konfrontiert. Es kann sich also anbieten, während der Tauchphase statt zwei Klausuren pro Woche (von denen man möglicherweise nur eine schafft) lieber vier Aktenvorträge in jeweils zwei bis zweieinhalb Stunden klausurmäßig zu lösen. Dann hätte man sich im Idealfall in einer Woche schon mit vier möglichen prozessualen Aufhängern einer Klausur beschäftigt (z.B. VU, Mahnbescheid, Vollstreckungsbescheid, Erledigung), während man hierfür sonst vier Wochen gebraucht hätte.

 

Was war für dich das Schwierigste an der Vorbereitung auf das zweite Examen?

 

Während der Stationen fand ich es schwierig, einen geordneten Lernrhythmus aufrechtzuerhalten. Das lag zum einen daran, dass sich die Präsenztage während der Zivil- und Strafstation wöchentlich ändern konnten und man ja auch noch die Stationsarbeit zu erledigen hatte (bei der man natürlich auch etwas lernt!). Während der Verwaltungs- und der Anwaltsstation war man hingegen an mindestens vier Tagen pro Woche entweder auf der Station oder hatte AG, sodass es schwierig war, während der restlichen Tage die Motivation zum Lernen aufrechtzuerhalten. Zudem kam es regelmäßig zu Verschiebungen sowie Ausfällen der AG, was ebenfalls nicht zu einem geordneten Wochenrhythmus beigetragen hat.

 

Worauf kam es aus deiner Sicht im Examen letztlich besonders an?

 

Man sollte die Basics beherrschen (wofür sich auch die Basiskarten für das zweite Examen sehr gut eignen) und zudem immer eine formal abgeschlossene Klausur abgeben. Wenn man richtig gut sein will, kommt man wohl nicht drumherum, sehr viel Zeit in die Vorbereitung zu investieren und auch ab ca. 6 Monaten vor den Schriftlichen JuS und NJW nach klausurtauglichen Entscheidungen zu scannen. Eine Klausur in meinem Durchgang konnte man meines Erachtens nur dann vernünftig lösen, wenn man die Entscheidung kannte (was bei einem Kollegen auch der Fall war). Damit sollte man aber wirklich erst beginnen, wenn man die absoluten Basics draufhat!

 

[Anmerkung Thomas: Der letzten Satz ist auf jeden Fall wichtig. Solange man die Grundlagen noch nicht beherrscht, wird man wesentlich mehr davon profitieren, wenn man sich diese zunächst aneignet. Erst danach sollte man Zeit in die Lektüre aktueller Rechtsprechung investieren. Ich habe darauf in beiden Examensvorbereitungen eigentlich komplett verzichtet.]

 

Was würdest du jemandem empfehlen, der sein Referendariat noch vor sich hat?

 

Zunächst einmal solltet ihr – so denn finanzielle Freiräume dafür bestehen – nach dem 1. Examen ein bis zwei Monate Urlaub machen, eine Weltreise oder sonst etwas unternehmen, das euch Spaß macht. Diese Auszeit mit dem bestandenen 1. Examen im Rücken solltet ihr euch gönnen! Eine solche Phase, bei der man etwas wirklich Großes geschafft hat, das Arbeitsleben aber auch noch nicht unmittelbar ansteht, kommt so schnell nicht wieder! So kann man dann mit der nötigen Vorfreude ins Referendariat gehen.

 

Falls ihr dann vor Beginn des Referendariats noch etwas Zeit habt, solltet ihr diese in die Wiederholung der fälligen Zivilrechtskarten (materielles Recht) in eurem Anki-Deck investieren. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Zeit zum Lernen ab der Verwaltungsstation extrem knapp wird. Daher macht es aus meiner Sicht Sinn, wenn man vor Beginn der Verwaltungsstation alle fälligen Karteikarten zum materiellen Recht bereits abgearbeitet hat (natürlich exklusive derer, die man für das 2. Examen nicht braucht). Es bietet sich an, mit dem Zivilrecht bereits vor Beginn des Referendariats durch zu sein, da in diesem Rechtsgebiet die meisten Karten existieren und die erste Station ja auch die Zivilstation ist.

 

Sodann solltet ihr während der Zivilstation die fälligen Strafrechts- und während der Strafstation die fälligen Ö-Rechts-Karteikarten abarbeiten. Während dieser beiden Stationen habt ihr noch am meisten Zeit, da ihr nur an ein bis zwei Tagen pro Woche bei Gericht bzw. Staatsanwaltschaft sein müsst, dann noch einen Tag AG habt und euch im Übrigen die Zeit selbst einteilen könnt. So hättet ihr die Karteikarten zum materiellen Recht schon nach der Strafstation beiseitegeschafft und könntet euch insbesondere während der Tauchstation voll und ganz auf den Rest fokussieren.

 

Die Karteikarten zum zweiten Examen würde ich zusätzlich während der jeweiligen Station lernen. Diejenigen, die ihr nicht schafft, könntet ihr dann während der Tauchstation nachholen und euch im Übrigen auf etwaige Seminare sowie das Klausurenschreiben (zur Vorgehensweise siehe oben) konzentrieren.

 

Bei der beschriebenen Vorgehensweise handelt es sich natürlich um meine persönliche und vor allem rückblickende Einschätzung nach Abschluss des Referendariats. Da ich sie selbst so nicht praktiziert habe, kann ich naturgemäß nicht sagen, ob und wie sie funktioniert. In der Rückschau stellt sie sich mir aber als sinnvoll dar.

 

[Anmerkung Thomas: Das kann man auf jeden Fall so machen, allerdings würde ich eher versuchen, mit dem jeweiligen Prozessrecht-Stapel bis zum Beginn einer Station durchzukommen, weil man dadurch in der AG besser mitarbeiten kann und so mehr daraus mitnimmt. Siehe Offensiv vorlernen.]

 

Wie schon gesagt kann es hilfreich sein, sich ab der Anwaltsstation mal die JuS und die NJW anzuschauen. Dabei könnte man so vorgehen, dass man sich die klausurgeeigneten Entscheidungen zunächst rausschreibt oder markiert und sie sich in der Zeit unmittelbar vor den Klausuren anschaut. Auch die Seite examensgerecht.de scheint klausurträchtige aktuelle Entscheidungen gut aufzubereiten.

 

Und falls ihr nur zwei Kaiser-Seminare besuchen könnt/wollt, würde ich das zur zivilrechtlichen Anwaltsklausur und zur Zwangsvollstreckungsklausur empfehlen.

 

Lukas, herzlichen Dank für das Interview und alles Gute für deinen Berufseinstieg!

👉 Tipp: Hier geht's weiter zum letzten Beitrag von Robert. Für allgemeines Feedback zu den Basiskarten klick hier.

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