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Wie lief's im Examen, Jannik?

Wie ist es, in der Corona-Zeit Examen zu schreiben und wie hilft Anki dabei? Davon berichtet euch Jannik heute in einem spannenden Interview – exklusiv für den Basiskarten-Blog! Jannik, dir nochmal herzlichen Glückwunsch zu dem herausragenden Ergebnis und danke für die Bereitschaft, deine Erfahrungen mit uns zu teilen!

Hallo, Jannik! Wie ist es gelaufen?

 

Gut! Ich hatte bei den schriftlichen Klausuren eigentlich nur ein mittelmäßiges bis ungutes Gefühl, weil meine Lieblingsthemen nicht gelaufen sind, aber habe dann dennoch 9,85 Punkte zurückbekommen. In der mündlichen Prüfung konnte ich mich dann weiter auf 11,12 im staatlichen Teil verbessern, mit dem Schwerpunkt bin ich insgesamt bei 11,48 Punkten, also knapp unter dem ‚gut‘. Aber geschenkt, sich deswegen jetzt groß zu ärgern, wäre ja schwachsinnig.

 

In welchem Semester bist du ins Examen gegangen? Wie lang war deine Examensvorbereitung insgesamt?


Ich war nach meinem Schwerpunkt ein Jahr im Erasmus und bin danach gestartet – also nach dem 8. Semester, aber dem 6. Fachsemester. In Berlin bekommt man, wenn man im Auslandsjahr ausreichend Kurse besucht, eine Freischussverlängerung, sodass ich diesen trotzdem noch nutzen konnte.

 

Ich hatte von Anfang an geplant, mich 18 Monate vorzubereiten, weil ich absolut kein Vorwissen hatte. Ich habe mir in den ersten 4 Semestern immer erst wenige Tage vor den Klausuren den Stoff erstmals angeschaut, dann Bulimielernen betrieben und schon wenige Tage nach der Klausur alles komplett vergessen. Übergreifendes Rechtsverständnis o.ä. war nie vorhanden und spätestens das Jahr im Ausland hat dann dafür gesorgt, dass ich nicht einmal mehr wusste, wo z.B. der Verwaltungsakt normiert ist bzw. was das überhaupt ist. Mir war also klar, dass ich mir ausreichend Zeit nehmen müsste, wenn da irgendetwas vorzeigbares herauskommen sollte.

 

Letztendlich wurden es dann bis zu den schriftlichen Prüfungen 21 Monate. Danke, Corona! Die Verschiebung der Klausuren war natürlich unglaublich nervig und frustrierend, zudem war dann die erste Klausur an meinem Geburtstag. Ich hatte schon mal bessere Laune. Die ersten paar Wochen nach der Nachricht, dass wir nicht würden schreiben können, habe ich nur mit Anki weitergelernt. Die letzten beiden Monate habe ich dann wieder die Zähne zusammengebissen und versucht, wieder in Examensform zu kommen.

 

Wie fandest du die Klausuren?

 

Die schlimmste war definitiv die erste Klausur – das Adrenalin war unglaublich, und zwar nicht auf eine gute Art und Weise. Danach hat es sich immer weiter normalisiert und war erträglicher. Ein wirklich schlechtes Gefühl hatte ich nur in einer Zivilrechtsklausur, bei der ich es mir unnötig kompliziert gemacht habe, um mein Wissen zur Rückabwicklung in Mehrpersonenverhältnissen anbringen zu können. Das habe ich direkt danach bereut, weil die folgenden Fragestellungen dann gar nicht mehr zu meinem Ergebnis gepasst haben. Ziemlich dumm, letztlich kamen aber sogar noch 9 Punkte bei rum – scheinbar fanden alle anderen die Klausur auch hart. In Strafrecht hatte ich erwartungsgemäß ein mittelmäßiges Gefühl. Strafrecht war mein schwächstes Fach, schon in der Vorbereitung, aber meine Theorie ist, dass man, wenn man gut vorbereitet ist, nie wirklich versagen kann, weil die Klausuren alle so ähnlich ablaufen. In öffentlichem Recht gab es einen Klassiker, den ich ganz gut bearbeiten konnte, aber natürlich auch das Bewusstsein hatte, dass kaum jemand die Problematik nicht kennen würde. Außerdem kam noch Baurecht dran, was ich mehr schlecht als recht lösen konnte, aber vermutlich habe ich es noch vergleichsweise gut hinbekommen.

 

Ich hatte natürlich erwartet, kein wirklich schlechtes Ergebnis produziert zu haben, aber ich war dann doch sehr überrascht, schon im schriftlichen Teil die von mir angepeilten 9+ Punkte erreicht zu haben. Das hat es mir auch für die Mündliche erleichtert, da der Druck spürbar niedriger war.


Wie hast du dich vorbereitet? Hast du ein Rep besucht? Mit welchen Mitteln hast du gelernt?


Das Fundament meines Lernens waren die Basiskarten und Anki. Ich habe aber auch das erste Jahr lang ein Rep besucht (Jura Intensiv), wobei ich mich dabei einfach auf Erfahrungsberichte von Freunden verlassen habe, die erzählten, dass die Dozenten, v.a. der Zivilrechtler, sehr nahbar und lustig seien. Das hat sich bestätigt, zeitweise hat mir das Lernen dort sogar Spaß gemacht. Ich war später nochmal bei einem anderen Anbieter (hemmer) für den Klausurenkurs, dort nahmen sich die Dozenten teilweise viel zu ernst. Ich glaube, die Materialien der Reps sind mittlerweile alle mehr als brauchbar und man sollte hauptsächlich nach Sympathie wählen, da es vor allem darum geht, den Leuten den Tag lang konzentriert zuhören zu können, ohne abschalten zu müssen, weil man so genervt von ihnen ist. Das eigentliche Lernen, also das Pauken, findet ohnehin zuhause statt.

Neben den Basiskarten habe ich die Materialien des Reps benutzt und gelegentlich, wenn ich etwas nicht verstanden habe oder mehr Hintergrundwissen wollte, zunächst gegoogelt (in 90% der Fälle reicht das) und selten detailliertere Werke genutzt: In Strafrecht Rengier 1-3 und im Ö- und Zivilrecht die Online-Kommentare bei beck-online, dort hatte ich durch ein E-Fellows-Stipendium einen Zugang. Das ist ganz praktisch, das wäre also wohl mein nicht sonderlich geheimer Geheimtipp.


Was unterscheidet die Basiskarten deiner Meinung nach von anderen Lernmitteln?

 

Zum einen zwingt Anki dazu, mit System zu lernen und das auch noch regelmäßig. Vor allem muss man aber auch dahin gehen, wo es weh tut – sich 1-2 Stunden mit aktiver Reproduktion zu beschäftigen und zu quälen, ist viel, viel weniger spaßig als einfach ein paar lockere Texte zu lesen und auch viel anstrengender, aber eben auch viel effektiver. Man kann sich einfach schlechter selbst belügen. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben sinnvoll und regelmäßig gelernt, Anki hat also meiner Vorbereitung durch die Routine eine Form gegeben.

Auch finde ich es praktisch, sich nicht wie mit so steinzeitlichen Dingen wie physischen Karteikarten herumärgern zu müssen – um die selbst zu erstellen, wäre meine Schrift auch viel zu unansehnlich gewesen. Einem Bekannten von mir wurden die Karteikarten aus der Bib gestohlen, ein anderer hat über einen seiner Stapel Kaffee gegossen. Meine sind in der Cloud, lol.

Das hat auch den Vorteil, dass man sie auch unterwegs am Handy erledigen kann, also scheinbar verschwendete Zeit in der U-Bahn sinnvoll nutzen kann, um dann abends noch mehr Zeit für spaßigere Dinge zu haben.

Wie bist du mit neuen Stapeln umgegangen? Wie viele Karten hast du pro Tag neu gelernt?


Ich habe erst nach 3 Monaten Vorbereitung die Basiskarten und Anki entdeckt, sodass ich zunächst erst nachträglich die Karteikarten zu bereits gehörten Themen gelernt habe. Nach einer Weile habe ich dann aufgeholt und war dem Kurs ein wenig voraus, was ich angenehmer fand. Wenn man die Grundstruktur und Definitionen eines Bereiches schon versteht bzw. kennt, nimmt man viel mehr und v.a. Komplizierteres aus den Stunden mit.

Ich habe anfangs 30 und in der Hochphase (ca. 9 Monate vor dem eigentlichen Termin) bis zu knapp 50 Karten gelernt. In dem letzten halben Jahr waren es dann viel weniger, weil ich die Basiskarten alle schon gelernt hatte und ich dann nur die von mir parallel erarbeiteten Karten in den bisher nicht veröffentlichen Bereichen neu dazulernen musste, also etwa 25 am Tag. Die letzten Wochen vor dem Examen und dann auch in der Phase nach der Verschiebung kamen nur noch vereinzelt alle paar Tage 2-3 Karten dazu, dort ging es dann mehr darum, das Niveau zu halten, als wirklich Neues zu lernen. Es fielen dann auch nur noch ca. 50 Karten am Tag an, was recht angenehm war.

Insgesamt befanden sich in meiner Sammlung übrigens 8000 Karten. Die Differenz gegenüber der bei Thomas verfügbaren Anzahl ergibt sich daraus, dass ich zum einen eben manche Rechtsgebiete selbst erschließen musste (der Lerneffekt durch das Erstellen ist meiner Meinung nach geringer als man denkt, die Wiederholungen sind viel effektiver – ich würde also immer lieber kaufen als selbst schreiben zu müssen) und meinen Ergänzungen: Ich habe bei vielen Stapeln ein paar weitere Karten erstellt, wenn ich das Gefühl hatte, dass ich mir eine Problematik nicht mit Grundlagenwissen würde komplett ableiten können im Ernstfall, z.B. das Problem der angefochtenen, ausgeübten Innenvollmacht. Die Basiskarten bieten hier, dem Namen entsprechend, eine gute Basis, um kleinere, personenabhängige Ergänzungen zu machen.

Wie sah ein typischer Tag in der Examensvorbereitung für dich aus? Wie viele Tage hast du pro Woche gearbeitet?

Ich weigere mich, später als 18.00 Uhr am Schreibtisch zu sitzen und habe deswegen fast immer pünktlich morgens um 9 angefangen. Die letzten paar Wochen vor dem Examen schon um 8 bzw. ab und zu auch um 7.30. Ich habe die ersten 6 Monate nur mittelmäßig konsequent gelernt, also schätzungsweise 10 Pomodoro-Einheiten am Tag (da sind die Stunden im Rep schon dabei). Dann habe ich bis auf die letzten Wochen vor den schriftlichen Prüfungen versucht, 15 Einheiten am Tag zu schaffen und es auch öfter geschafft als nicht. In den letzten Wochen war ich dann manchmal länger am Schreibtisch und habe bis zu 18 Einheiten geschafft (einmal sogar 19, das war ganz schön hart).

Samstags habe meist etwa 8-10 Einheiten gemacht und dann z.B. Fußball geschaut, in der Endphase auch manchmal bis zu 15. Sonntags habe ich anfangs komplett freigemacht und später dann, als keine neuen Karten anfielen und auch nur ca. 50 bereits gelernte, dies kurz erledigt (dauert 20 Min ca.). Ist vermutlich Geschmackssache, mich haben die paar Minuten nicht sonderlich gestört, zumal ich ja z.B. auch auf dem Sofa am Handy lernen konnte. Ich fand dies angenehmer, als Montag die doppelte Menge zu haben und noch schlechter in die Woche reinzukommen als nötig.

Einen Tag der Woche habe ich das letzte halbe Jahr für Übungsklausuren genutzt und dann bloß die Anki-Karten nach dem Kurs zuhause gemacht.

Wie viele Übungsklausuren hast du geschrieben?

43. Die Hälfte davon in Zivilrecht und jeweils ca. 10 in Ö- und Strafrecht. Nach ca. der 30. Klausur hatte ich das Gefühl, den Dreh raus zu haben und mit fast jeder Klausur zumindest einigermaßen klarzukommen. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Noten auch nicht mehr besser. Wenn man nicht außergewöhnlich begabt ist und sich nicht auf Glück verlassen möchte, sollte man mMn mindestens 20 Klausuren geschrieben haben.

 

Ich habe ca. die ersten 3 Klausuren nicht innerhalb des 5 Stunden-Zeitlimits bearbeitet und mit Hilfsmitteln, da mir schlicht die Grundlagen fehlten. Ich habe im ersten Jahr der Vorbereitung insgesamt 5 Klausuren geschrieben, da es mir sinnlos erschien, ganz ohne Wissen eine Klausur schaffen zu wollen. Wenn man auf einem besseren Niveau startet als ich, ist früher sicherlich nicht unsinnig.

 

Nach einem Jahr habe dann an einem Probeexamen teilgenommen und zum ersten Mal innerhalb von zwei Wochen sieben Klausuren geschrieben. Für mich war das ein passender Zeitpunkt, da ich natürlich nicht alles wusste, aber das Gefühl hatte, dass ich nun die Lücken mit logischem Denken und der richtigen Klausurtechnik (die man ja gerade dadurch lernen soll) würde ausfüllen können. Gleichzeitig diente mir dies als Startschuss für das letzte halbe Jahr, in dem ich, wie erwähnt, jede Woche eine Klausur schrieb.

Gibt es sonst noch Tipps, von denen du besonders profitiert hast und die du weitergeben möchtest?

 

Ich habe quasi keine Zeit für aktuelle Rechtsprechung aufgewendet und halte dies auch rückblickend für die richtige Entscheidung. Die wichtigen Urteile bekommt man im Rep mit und die Chance, dass etwas Unbekannteres kommt, was man kennt, ist gering – ich hatte sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Teil keinen Treffer – aber meine Kommilitonen, die Urteile gepaukt haben, haben auch nichts wiedererkannt. Zudem besteht dann die Gefahr, dass man versucht, einen Sachverhalt in ein bestehendes Urteil zu pressen und sich dann für unpassende Schlüsse entscheidet.

Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass Urteile lesen an sich schon keine gute Idee ist. Die Gerichte gehen oft komplett unschematisch und manchmal -dogmatisch vor und man kann die Argumentation dann kaum in das eigene Wissen einsortieren, zudem ist es extremer Zeitaufwand, die ellenlangen und z.T. kryptisch anmutenden walls of text zu entziffern. Sinnvoller ist es mMn, Urteilsbesprechungen bei den einschlägigen Webseiten durchzulesen.

 

Was war für dich insgesamt das Schwierigste an der Examensvorbereitung?

 

Ich fand die psychische Belastung schwierig. Man hat keinen Abschluss seit dem Abi und wenn es schiefläuft, sind 5 Jahre Lebenszeit und jegliche Art von Karriere dahin. Ich bin großer Verfechter einer Reform, bei der man zumindest mal einen Bachelor hätte.

Zum anderen war ich, gerade gegen Ende hin, einfach extrem gelangweilt von meinem Leben. Sich zum hunderttausendsten Mal denselben Stoff anzuschauen ist unglaublich öde und ich habe immer bereits Mittwoch das Wochenende herbeigesehnt, um mal andere Eindrücke zu erhalten und irgendetwas Spannendes zu machen. Und dann ist das Wochenende auch noch so kurz – Schmerz.

Die Mischung aus maximalem Druck und extremer Langeweile ist absolut tödlich und ich bin extrem froh, dass es jetzt vorbei ist und ich endlich wieder etwas anderes machen kann.

 

Worauf kam es aus deiner Sicht letztlich besonders im Examen an?

 

Meiner Meinung kommt es in der Vorbereitung vor allem darauf an, am Ball zu bleiben. Ich habe zu keinem Zeitpunkt extrem viel gelernt, noch mit irgendwelchen hochwissenschaftlichen Materialien – aber ich habe selten Tage gehabt, die komplette Ausfälle waren (außer im Urlaub). Dabei war auch Anki hilfreich, weil man zumindest eineinhalb Stunden effektives Lernen am Tag schafft.

Wissen und Systemverständnis setzen sich dann ganz langsam nach und nach zusammen, ohne dass man es richtig merkt.

 

Und die Klausuren sind natürlich auch wichtig, es hat schon seine Gründe, dass das Tipp Numero Uno ist. Ich halte es dabei für wichtig, dass man sie unter möglichst realen Bedingungen schreibt, zumindest gegen Ende. Also keine Kaffeepausen zwischendrin, nicht mit Lehrbuch und nicht mit Schreibzeitverlängerung. Es gibt viele Kandidaten, die sich bis zum Ende hin selbst etwas vorspielen und quasi keine Klausur unter scharfen Bedingungen geschrieben haben. Dann kann man es mMn fast ganz lassen, der Zeitdruck und der generelle Krampf des Schreibens sind wichtiger Teil des Lerneffektes, egal wie unnötig und vorsintflutlich diese Art der Prüfung grundsätzlich sein mag.

 

Was steht als nächstes an und wird Anki dabei auch eine Rolle spielen?

 

Ich werde die Zeit bis zum Referendariat mit einem LL.M. überbrücken. Anschließend überlege ich, noch eine Promotion anzugehen. Im Master-Programm werde ich Anki definitiv nutzen, bei einer Promotion ist es wahrscheinlich weniger praktisch. Aber da ich plane, meine jetzigen Karten weiter zu lernen, würde ich mir wenigstens über diese Zeit große Teile meines Wissens bis ins Referendariat erhalten.

 
Jannik, vielen Dank für das Interview!

 

 

 

👉 Tipp: Hier geht's weiter zu meinem letzten Interview mit Annika. Für allgemeines Feedback zu den Basiskarten klick hier.

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Kommentare: 2
  • #1

    Annika (Donnerstag, 13 Mai 2021 11:36)

    Fühle diese Interviews immer sehr, obwohl ich das Examen schon hinter mir habe. Mischung aus extremen Druck und extremer Langeweile trifft es absolut :D

  • #2

    Tim (Mittwoch, 16 Februar 2022 15:39)

    Es macht wirklich Hoffnung, wenn er sagt, dass er „absolut kein Vorwissen hatte“ und trotzdem 11,48 Punkte geschafft hat (Respekt dafür!). Aber ich glaube, dass das etwas untertrieben ist. Also wenn er so ein gutes Ergebnis geschafft hat, hatte er bestimmt Vorwissen.